Heute verabschieden wir uns von Ihnen in unsere Sommerpause: mit Eisessen, Fahrradfahren und Sonnenbaden.
Anders gesagt: Wann schreiben sich Zusammensetzungen aus Verben und Substantiven groß, wann klein, wann getrennt, wann zusammen?
Oft ist das ziemlich verwirrend und Regeln sind nicht so leicht erkennbar. Tatsächlich begegnen uns im Deutschen alle möglichen Schreibweisen solcher Zusammensetzungen.
Wir dröseln heute einmal auf, was dahinter steckt:
Nehmen wir Eis essen
Grundform: | Eis essen |
Als Satz im Präsens: | Wir essen Eis. |
Im Perfekt: | Wir haben Eis gegessen. |
Und substantiviert: | Für mich ist Eisessen das Schönste am Sommer. |
Ein anderes Beispiel ist leidtun
Grundform: | leidtun |
Als Satz im Präsens: | Es tut ihm leid. |
Im Perfekt: | Es hat ihr leidgetan. |
Und substantiviert: | Dieses Leidtun kann ich nicht mehr hören. |
Da stellen sich viele Fragen, z. B.: Warum schreibe ich „Eis“ groß und „leid“ klein? Warum schreibe ich im Perfekt das Eine getrennt, das Andere zusammen? …
Der Reihe nach:
Fangen wir mit der Grundform an, auch ungebeugte Form oder Infinitiv genannt:
Ist der erste Teil eines zusammengesetzten Verbs ein Substantiv (auch „Nomen“ oder „Hauptwort“), dann gilt im Normalfall:
Getrennt schreiben.
Zum Beispiel
So weit, so klar, oder?
In der gebeugten (konjugierten) Form heißt es dann:
Aber, wie Sie wissen, zu jeder Regel muss es Ausnahmen geben, sonst wäre es je keine echte Regel.
Manche Substantive gehören zu einer festen Redewendung. Sie haben im Laufe der Zeit ihre Eigenständigkeit verloren, sind „verblasst“.
Das heißt: Wir denken nicht mehr an das Ding, welches das Substantiv benennt, wenn wir es hören. Sondern die Anziehungskraft des Verbs wird so groß, dass es das „geschwächte“ Substantiv an sich heranzieht und mit diesem zusammen eine Einheit als Redewendung bildet.
Zum Beispiel bei diesen Zusammensetzungen:
Schauen wir uns ein paar Beispiele näher an:
Wir schreiben Eis essen, also getrennt und Eis groß. Denn was stellen Sie sich vor, wenn jemand davon spricht, ein Eis zu essen? Vermutlich ein Eis in einer Waffel oder auch am Stiel, das jemand – na eben – isst.
Auf der anderen Seite heißt es eislaufen, klein und zusammen. Hier ist das Wort Eis verblasst. Denn mal ehrlich: Wenn Ihre Freundin sagt „Letzten Winter war ich oft eislaufen“, stellen Sie sich dann ein konkretes Eis vor, das sie gelaufen ist? Eher nicht, oder?
Das Eis hat hier eine abstraktere Form angenommen und wird nicht mehr als eigenständiges Wort wahrgenommen; es ist also mit dem Verb „laufen“ verschmolzen (wie passend …).
Genauso bei kopfstehen. Ich kann natürlich auch sagen: „auf dem Kopf stehen“ – wenn ich einen echten Kopfstand meine, den jemand vollführt. Das Verb kopfstehen verwenden wir eher in seiner übertragenen Bedeutung – jemand ist verwirrt, bestürzt, völlig überrascht.
Wir halten fest: Wenn das zusammengesetzte Verb den Charakter einer Redewendung hat und die Bedeutung des Substantivs darin eher abstrakt ist, können wir davon ausgehen, dass dieses verblasst ist.
Ich gebe zu, das bleibt alles etwas schwammig und subjektiv, aber so funktionieren Sprachregeln. Hier hilft nur ein gewisses Sprachgefühl – das sich trainieren lässt – oder, im Zweifelsfall, der Blick in den Duden.
Die konjugierten Formen bei verblassten Substantiven gehen übrigens so:
Bei einigen Verbindungen fällt die Entscheidung „verblasst oder nicht“ offenbar besonders schwer. Da dürfen Sie sich die Schreibweise aussuchen.
Beispiele:
Das war aber noch nicht alles. Denn häufig benutzen wir solche Verben in ihrer substantivierten Form:
In der substantivierten Form schreibe ich groß und zusammen – wie ein Substantiv eben. Das erkenne ich daran, dass ich einen Artikel oder eine Präposition mit Artikel verwende:
„das Radfahren“ oder „bei dem = beim Urlaubvorbereiten“.
Und dabei ist es dann egal, ob das Wort ein verblasstes oder ein unverblasstes Substantiv beinhaltet.
Alles klar?
Dann bleibt uns nur, Ihnen einen tollen, erholsamen Sommer zu wünschen. Viel Spaß beim Eisessen, Bücherlesen und Radfahren!
Auch wir verabschieden uns heute in die Newsletter-Sommerpause. Unseren nächsten Schreibtipp lesen Sie Mitte August.
Herzlichst,
Franziska Nauck und Nadja Buoyardane