Desinformieren, das gelingt wunderbar mit Fakten. Allerdings Fakten, die man so ins Licht rückt, dass Laien (und was sonst sind wir in fast allen Bereichen?) auf den ersten Blick nicht gleich erkennen können, warum zum Beispiel ein Vergleich hinkt.
Ein Beispiel: Ein beliebtes Argument von Klimaschutzgegnern geht so: „97 Prozent der jährlichen Kohlendioxidemissionen entstammen der Natur, etwa 3 Prozent aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe durch den Menschen.“ *
Was!?, denken Sie jetzt vielleicht, ist der Anteil der Menschen am Klimawandel dann gar nicht so gravierend, wie immer behauptet wird? Wenn das stimmt, dann fallen die Emissionen ja gar nicht ins Gewicht! Dann ist die ganze Aufregung um den Klimawandel vielleicht gar nicht berechtigt?!
Oh, doch! Aber genau auf diese Zweifel, die Ihnen gerade gekommen sind, wurde hier abgezielt.
Klingt ja schon eindrucksvoll, wenn man die übergroße Zahl von 97 Prozent den läppischen 3 Prozent gegenüberstellt. Die lassen sich doch ohne Weiteres vernachlässigen, könnte man meinen.
Hier wurden Sie ganz bewusst in die Irre gelenkt – und das mit Zahlen, die tatsächlich stimmen. Allerdings: Wenn wir genau hinschauen, erkennen wir: Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen – bzw. Umsatz mit „Gewinn“.
Man hat den Anteil des natürlicherweise vorkommenden CO2 ins Verhältnis zu dem zusätzlich durch den Menschen freigesetzten CO2 gesetzt. Doch das sind – bezogen auf die Klimakrise – zwei verschiedene Dinge – Äpfel und Birnen eben.
Der natürliche Kohlendioxid-Umsatz der Biosphäre beträgt etwa 770 Milliarden Tonnen pro Jahr. Eine gigantische Menge. Aber: Dies sind keine Netto-Emissionen, sondern es handelt sich um einen geschlossenen Kreislauf; dieses Kohlendioxid wird also durch die Biosphäre auch wieder aufgenommen und hat daher auf das Klima keinen Einfluss.
Anders gesagt: Menschen und Tiere atmen nur das Kohlendioxid aus, das zuvor durch Photosynthese aus der Atmosphäre entnommen wurde und das ohnehin in sie zurückgekehrt wäre. Dabei ist es egal, ob wir die Pflanzen essen oder verrotten lassen. Der biologische Kohlenstoffkreislauf ist geschlossen.
Problematisch sind dagegen die menschengemachten Emissionen aus fossilen Lagerstätten. Sie kommen oben drauf, deshalb Netto-Emissionen, und sind eben nicht Teil eines geschlossenen Kreislaufs.
Es sind übrigens jedes Jahr ca. 22 Milliarden Tonnen, die wir Menschen zusätzlich zum natürlichen CO2 in die Atmosphäre ausstoßen. 22 Milliarden Tonnen. Diese Zahl klingt schon ganz anders.
Eine ähnliche Desinformation durch Zahlen, die stimmen, kennen Sie auch: Deutschland ist nur für rund 2 Prozent der jährlich durch den Menschen ausgestoßenen CO2-Menge verantwortlich.
Boah, das klingt wenig. Da können wir allein doch gar nichts ändern, lässt das einen denken. Und genau das ist beabsichtigt. Die Zahlen an sich stimmen. Bloß fehlt hier die passende Relation: Deutschland macht nur etwa 1 Prozent der Weltbevölkerung aus …
Solche Äpfel-Birnen-Vergleiche begegnen uns im Alltag ständig und führen immer wieder zu falschen Schlüssen. Nicht nur beim Klima. Auch bei der Diskussion um Corona finden sich immer wieder Vergleiche und Zahlen, die an sich stimmen, aber nicht miteinander vergleichbar sind.
Auch ist es zum Beispiel zu kurz gedacht, das Durchschnittsgehalt der Schweizer mit dem der Deutschen zu vergleichen, ohne diese auch zu den Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land in Beziehung zu setzen.
Die Schulnoten in verschiedenen Bundesländern zu vergleichen, ist wegen des Bildungsföderalismus schwierig und ein echtes Problem, wenn es um notenabhängige Zugänge zu den Universitäten geht.
Wenn Sie also für einen Text recherchieren: Schauen Sie kritisch hin, wenn Dinge miteinander verglichen werden. Fragen Sie sich: Hinkt der Vergleich? Will Sie hier jemand zu falschen Schlüssen verführen?
Bitte schreiben Sie uns, wo Sie Äpfel-Birnen-Vergleiche entdeckt haben!
Herzlichst
Franziska Nauck und Nadja Buoyardane
Business-Schreibkurse
*Quelle: Stefan Rahmstorf | https://www.faz.net/aktuell/wissen/klima/klimawandel-deutsche-medien-betreiben-desinformation-1463241.html