Unsere Botschaft auf den Punkt bringen, das heißt: Blabla weglassen, konkret und klar schreiben. Heute zeigen wir Ihnen, wie Sie einen Text von Ballast befreien.
Kurz zur Vorgeschichte: Ich, Franziska, bin in meinem Stadtteil in einer Klimaschutz-Initiative aktiv. Vergangene Woche hatten wir die Chance, uns in einem Magazin vorzustellen. In maximal 700 Zeichen (inklusive Leerzeichen).
Oh, so viel zu sagen, so wenig Platz! Meine Mitstreiter:innen überlegten, was unbedingt in den Text sollte. Und nach einigem Hin und Her hatten wir einen Entwurf:
Wir sind die Klimaschutz-Initiative Riedberg (KIR) – eine Bürgerinitiative, die den Frankfurter Riedberg bis 2030 klimaneutral machen möchte. Seit Januar 2020 engagieren wir uns mit den Bürgern des Stadtteils für den Klimaschutz. Denn jeder kennt seinen Stadtteil am besten und kann sich vor Ort leichter einbringen. Um unser Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, treten wir auch mit den zuständigen Akteuren aus Verwaltung und Politik in Dialog. Eine zentrale Rolle spielt für uns zunächst der Ausbau der Solarenergie. Aber perspektivisch muss letztendlich auch die Fernwärme für den Stadtteil nachhaltig erzeugt werden. Wir möchten zeigen, dass es möglich ist, Stadtteile deutlich nachhaltiger aufzustellen. Und wir möchten, dass sich in anderen Stadtteilen Frankfurts möglichst viele ähnliche Initiativen bilden. Infos zu uns gibt es unter http://www.klimaschutz-initiative-riedberg.de/ .
Inhaltlich alles drin, was wir sagen wollten. In 900 Zeichen. Ups, 200 Zeichen zu viel! Nun sollte ich ran und den Text optimieren. Sehen Sie Schritt für Schritt, wie ich 200 Zeichen strich – und so zu einem knackigeren Text kam.
In der Start-Version sind mir Dopplungen aufgefallen, hier farbig markiert:
Wir sind die Klimaschutz–Initiative Riedberg (KIR) – eine Bürgerinitiative, die den Frankfurter Riedberg bis 2030 klimaneutral machen möchte. Seit Januar 2020 engagieren wir uns mit den Bürgern des Stadtteils für den Klimaschutz. (229 Zeichen inkl. Leerzeichen)
In der End-Version habe ich sie vermieden:
Wir, die Klimaschutz–Initiative Riedberg (KIR), möchten den Frankfurter Riedberg bis 2030 klimaneutral machen. Seit Januar 2020 engagieren wir uns mit den Bürgern des Stadtteils für dieses Ziel. (194 Zeichen)
Sicherlich ist es juristisch korrekt, wenn wir uns als „Bürgerinitiative“ bezeichnen. Bei diesem Text geht es aber nicht um eine wasserdichte Definition, sondern darum, uns bekannt zu machen. Die Wörter „Initiative“ und „Bürger“ stehen drin und vermitteln die Vorstellung von einer „Bürgerinitiative“. Das genügt.
Eingespart: 35 Zeichen
Achtung: Merken Sie sich die orange markierten Stellen!
Der nächste Satz:
Denn jeder kennt seinen Stadtteil am besten und kann sich vor Ort leichter einbringen.
Dieser Satz wurde hinzugefügt, um zu erklären, warum wir uns in unserem Stadtteil engagieren. Ich habe ihn gestrichen, weil bei 700 Zeichen zu wenig Platz ist, um unsere Motivation ausführlich darzustellen. Der Fokus sollte mehr auf dem „Was“ und „Wie“ liegen, weniger auf dem „Warum“. Dazu hätten wir weiter ausholen müssen. Daher, frei nach dem Motto „Kill your Darlings“, raus damit und 86 Zeichen eingespart.
Start-Version:
Um unser Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, treten wir auch mit den zuständigen Akteuren aus Verwaltung und Politik in Dialog. (131 Zeichen)
End-Version:
Dazu sind wir im Dialog mit den zuständigen Akteuren aus Verwaltung und Politik. (80 Zeichen)
Das mit dem Ziel hatten wir schon in den ersten Absatz gepackt, also können wir uns hier ganz locker mit dem kleinen Adverb „dazu“ darauf beziehen – und 43 Zeichen sparen.
Aus „treten“ wird „sind“, und „auch“ ist hier ein Füllwort. Aber Achtung: In anderen Zusammenhängen kann „auch“ unverzichtbar sein. Spart noch mal 7 Zeichen.
Start-Version:
Eine zentrale Rolle spielt für uns zunächst der Ausbau der Solarenergie.
End-Version
Eine zentrale Rolle spielt für uns der Ausbau der Solarenergie.
Das „zunächst“ können wir getrost streichen, da dieses Thema uns sicher noch lange beschäftigen wird. Für unsere Strategie ist das vielleicht relevant, nicht aber für die Leser:innen dieses Textes.
Eingespart: 9 Zeichen.
Start-Version:
Aber perspektivisch muss letztendlich auch die Fernwärme für den Stadtteil nachhaltig erzeugt werden. (101 Zeichen)
End-Version:
Auch die Fernwärme für den Stadtteil muss perspektivisch aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. (98 Zeichen)
Das „Aber“ ersetze ich durch „auch“ weil es nicht um einen Gegensatz, sondern einen Zusatz geht.
Das „letztendlich“ soll das „perspektivisch“ unterstreichen – aber zwei Adverbien schaden der Klarheit. Ich entscheide mich für „perspektivisch“, da es das Prozesshafte besser beschreibt. Insgesamt 18 Zeichen weniger.
Zwischenversion:
Auch perspektivisch muss die Fernwärme für den Stadtteil nachhaltig erzeugt werden. (83 Zeichen)
15 Zeichen eingespart! Hier nutze ich den neuen Spielraum für mehr Inhalt. So wird aus dem allgemeinen „nachhaltig“ das konkretere „aus erneuerbaren Energien“. Immer noch 3 Zeichen kürzer als in der Start-Version.
Start-Version:
End-Version:
Wir möchten zeigen, dass es möglich ist, Stadtteile nachhaltig aufzustellen. Und wir möchten viele weitere solcher Initiativen anstoßen. (136 Zeichen)
Einmal „möglich“ reicht. Das „möglichst“ ist sowieso ein Füllwort.
Warum die Steigerungsform „nachhaltiger“? Nachhaltiger als was? Das steht hier nicht. Also nehme ich die kürzere Grundform. Somit erübrigt sich auch das „deutlich“ = die Aussage wird klarer.
Ein „dass“-Satz reicht. Deshalb formuliere ich den zweiten um. Das doppelte „wir möchten“ am Satzanfang ist übrigens Absicht.
Platz für mehr Inhalt geschafft
Zwischenbilanz: Der Text hat jetzt 651 Zeichen – ich habe also noch Platz für mehr Inhalt gewonnen. So ergänze ich, was wir aktiv tun:
Dafür setzen wir uns mit konkreten Projekten ein.
Am Ende wird es eine Punktlandung – genau 700 Zeichen.
Das Ergebnis am Stück:
Wir, die Klimaschutz-Initiative Riedberg (KIR), möchten den Frankfurter Riedberg bis 2030 klimaneutral machen. Seit Januar 2020 engagieren wir uns mit den Bürgern des Stadtteils für dieses Ziel. Dazu sind wir im Dialog mit den zuständigen Akteuren aus Verwaltung und Politik. Eine zentrale Rolle spielt für uns der Ausbau der Solarenergie. Auch die Fernwärme für den Stadtteil muss perspektivisch aus erneuerbaren Energien erzeugt werden. Dafür setzen wir uns mit konkreten Projekten ein. Wir möchten zeigen, dass es möglich ist, Stadtteile nachhaltig aufzustellen. Und wir möchten viele weitere solcher Initiativen anstoßen. Infos zu uns gibt es unter http://www.klimaschutz-initiative-riedberg.de/.
Herzlichst
Franziska Nauck und Nadja Buoyardane