Sie kennen es sicher noch aus der Schule, der Ausbildung, dem Studium: das Exzerpt. Neben dem Protokoll vermutlich eine der verhasstesten Textsorten.
Für mich, Nadja, gab es während des Studiums kaum etwas
Langweiligeres als ein Exzerpt zu schreiben. Texte lesen, ja, das war spannend,
aber sie zusammenzufassen? Dröööge! Und außerdem wollte ich doch keine Zeit
verlieren, sondern möglichst schnell zu meiner fertigen Hausarbeit kommen!
Also markerte ich mir nur wichtige oder zitatwürdige Stellen
im Originaltext an, schrieb die Aussagen der wichtigsten Absätze an den Rand.
Fertig. Ich würde es später sicher wiederfinden …
Irgendwann merkte ich: Auf Texte, die ich vor einigen
Monaten gelesen hatte, konnte ich nicht mehr aus dem Gedächtnis zugreifen,
sondern ich musste sie fast komplett noch einmal lesen, wenn ich eigentlich nur
etwas nachschlagen wollte. Das Suchen nach einem bestimmten Fakt oder Zitat kostete
mich Zeit und Nerven. Das war der Moment, in dem ich weich wurde und dem mir
verhassten Exzerpt eine Chance gab …
Wie helfen Exzerpte Ihnen beim Schreiben im Beruf?
Vielleicht fragen Sie sich jetzt: Ist das nicht nur etwas
für wissenschaftliche Texte? Und selbst wenn Sie für Ihre beruflichen Texte
recherchieren und auf Quellenmaterial zurückgreifen: Ist es nicht zu zeitaufwendig?
Schließlich muss es doch gerade beim Schreiben im Beruf schnell gehen.
Wir sagen nicht, dass Exzerpieren nicht ein bisschen mehr
Zeit braucht. Wenn Sie sich aber angewöhnen, die wichtigsten Punkte aus einem
Text in eigenen Worten zusammenzufassen, werden Ihre Texte immer besser werden.
Abgesehen davon, dass Sie Ihren Schreibmuskel durch das
Zusammenfassen eines fremden Textes in Ihren eigenen Worten trainieren, helfen Ihnen
Exzerpte gleich auf mehreren Ebenen. Sie helfen Ihnen:
- sich besser zu erinnern: Wenn Sie etwas
schreiben, dann verankert es sich tiefer in Ihrem Gedächtnis. Das hilft Ihnen,
Ihr Wissen während des Schreibens zu aktivieren. Gleichzeitig haben Sie durch
das Exzerpt eine Gedächtnisstütze: Statt zehn brauchen Sie vielleicht nur
eineinhalb Seiten zu lesen.
- Ihre Quellen tiefer zu durchdenken: Beim
Exzerpieren erarbeiten Sie sich die Inhalte eines Textes viel tiefer. Und Sie
erkennen auch, ob Sie den Text wirklich verstanden haben. Denn wenn es Ihnen
nicht gelingt, den Text in eigenen Worten wiederzugeben, dann haben Sie ihn
möglicherweise nicht ganz verstanden. Das muss aber nicht an Ihnen liegen. Denn
Exzerpte helfen Ihnen auch:
- Schwachstellen im Ursprungstext zu entdecken.
Indem Sie exzerpieren, bewerten Sie Absatz für Absatz, ob der Inhalt wichtig
ist. Dabei stoßen Sie vielleicht Ungereimtheiten in der Argumentation. Wenn Sie
einen Text nur lesen, überlesen Sie solche Stellen leicht. Beim Exzerpieren
fallen sie Ihnen auf. So können Sie die Qualität des Quellenmaterials besser
einordnen.
- fachlich weiterzukommen. In vielen
Berufen gibt es immer neue Entwicklungen. So lesen Sie vielleicht ständig
Fachartikel, Publikationen, Bücher – und vergessen den Inhalt in der Hektik des
Alltags meist genauso schnell wieder. Durch Ihre Exzerpte bauen Sie sich ein
nachhaltiges Wissensarchiv auf. Und das führt Sie dann wieder zum ersten Punkt:
Sie erinnern sich besser an das, was Sie gelesen haben.
Wie Sie ein Exzerpt schreiben, mit dem Sie gut arbeiten
können
Der Exzerptkopf
- Hier gehört die genaue Quellenangabe des Textes
hin. Wenn Sie den Text aus einer Bibliothek haben, zusätzlich den Namen der
Bibliothek, Standort, Signatur. Wenn er auf einer Webseite steht, zusätzlich
den Link zur URL und das Datum, wann Sie ihn abgefragt haben. Das hilft Ihnen,
den Text wiederzufinden, wenn Sie ihn noch einmal brauchen.
- Ein Tipp: Schreiben Sie eine kurze
Zusammenfassung (ein Abstract) des Textes, in der Sie die wichtigsten Inhalte
wiedergeben. Oder vergeben Sie Schlagworte. So finden Sie später schneller
Texte zu bestimmten Themen wieder.
Der Hauptteil
- Führen Sie kurz auf, unter welcher
Fragestellung, welchem Aspekt Sie den Text gelesen haben (das beeinflusst
nämlich, was Sie als relevant bewertet haben).
- Fassen Sie die für Sie wichtigen Aussagen in
eigenen Worten zusammen. Paraphrasieren Sie nicht. Ein Exzerpt zu schreiben
heißt nicht, ALLES wiederzugeben. Nur das Wichtige!
- Direkte Zitate (durch Anführungszeichen
kennzeichnen) und Paraphrasen geben Sie mit Seitenangabe wieder. Falls Sie
zitieren möchten.
Der Clou am Exzerpt: Es hilft beim Denken
Sie haben es sicher schon gemerkt: Das Beste an Exzerpten
ist, dass Sie Ihnen helfen, schon vor der Arbeit an Ihrem eigentlichen Text
sich eingehend Gedanken über Ihr Thema zu machen.
Im Exzerpt sollten Sie diese eigenen Gedanken und Ideen bereits
vermerken. Sie können auch Querverweise zu anderen Texten ziehen. Machen Sie
das für sich kenntlich, indem Sie es zum Beispiel kursiv abheben oder in
Kommentar-Kästen einfügen. So wissen Sie immer, was im Originaltext steht und
was Ihre persönliche Sichtweise oder Erkenntnis ist.
Beim Schreiben an Ihrem eigenen Text greifen Sie dann darauf
zurück.
Wenn Sie also den nächsten Text lesen, schnappen Sie sich gleich Zettel und Stift – oder Ihren Computer – und exzerpieren Sie. Schreiben Sie uns von Ihren Erfahrungen damit.
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