Mit dem Lerntransfer nach einem Seminar ist es wie mit dem Klimaschutz: Die einzelnen können schon viel tun, doch das Unternehmen muss die passenden Rahmenbedingungen schaffen. Was das Unternehmen tun kann, um Lernprozesse und besseres Schreiben insgesamt zu fördern, stellen wir heute vor.
Das ist eine gute Idee. Seminare geben erste Impulse, vermitteln Wissen und geben Gelegenheit, neue Schreibtechniken und -strategien auszuprobieren. In den Seminaren verankert sich das Wissen jedoch noch nicht. Ein kurzer Impuls verändert meist keine jahrelangen Angewohnheiten. Jetzt geht es darum, das Gelernte in der Praxis einzuüben.
Das Unternehmen kann nun beim Lerntransfer die einzelnen Mitarbeiter:innen durch unterschiedliche Maßnahmen unterstützen.
Zunächst einmal ist es sinnvoll, das im Seminar Gelernte noch einmal aufzubereiten. Dazu brauchen die Mitarbeiter:innen neben der eigentlichen Seminarzeit auch noch Zeit nach dem Seminar.
Idealerweise werden die Inhalte des Seminars so festgehalten, dass alle sie verstehen und auf sie zugreifen können. Indem die geschulten Mitarbeiter:innen die Seminarinhalte für alle verständlich aufbereiten, lernen sie selbst noch einmal ganz viel und reflektieren über das Seminar.
Neben den Seminarinhalten gehören zum internen Weiterbildungsarchiv auch Bücher rund um das Thema Schreiben. Mit der Zeit entsteht im Unternehmen ein Pool von Weiterbildungsmaterialien.
Mögliche Materialien sind:
Echte Veränderungen brauchen Zeit, Übung und kontinuierliches Feedback. Das ist beim Schreiben genauso wie bei allen anderen Fertigkeiten. Da lohnt es sich, eigene Schreibexpert:innen im Unternehmen auszubilden, zum Beispiel:
Wir werden nicht müde zu betonen: Jede Weiterbildung kann nur Früchte tragen, wenn die Rahmenbedingungen fürs Schreiben stimmen. Das ist ganz häufig nicht der Fall: Unterbrechungen aller Art sind hier die Regel im Arbeitsalltag der meisten.
Der erste Schritt zu besseren Bedingungen ist die Analyse der aktuellen Situation. Das heißt, das Unternehmen muss sich die Zeit nehmen, einmal ganz kritisch hinzuschauen, welchen Stellenwert es dem Schreiben einräumt (oder einräumen will).
Dazu gehört, sich unter anderem mit folgenden Fragen einmal auseinanderzusetzen:
Natürlich sollten aus den Antworten anschließend Verbesserungsmaßnahmen abgeleitet werden. Wenn es zu laut ist, sollte man überlegen, wie es im Büro leiser werden kann. Wenn eine negative Fehlerkultur herrscht, sollte man sich überlegen, wie sich diese Kultur Schritt für Schritt öffnen und positiv wenden lässt. Hier kann eine professionelle Begleitung durch Literacy-Berater helfen.
Neben objektiven Faktoren, wie Geräuschkulisse im Büro und Rückzugsmöglichkeiten, ist auch der Blick auf die persönliche Wahrnehmung und die Einstellungen der Mitarbeiter:innen zum Schreiben wesentlich ebenso wie die Atmosphäre, die innerhalb des Unternehmens herrscht.
Diese persönlichen Faktoren entscheiden darüber, wie produktiv und effizient die Mitarbeiter:innen schreiben, wie viel Freude sie an der Arbeit haben und wie viel Engagement sie mitbringen. Sie entscheiden aber auch darüber, wie die Weiterbildungen zu konzipieren und die Veränderungsprozess zu begleiten sind.
Die verschiedenen Punkte sind unterschiedlich komplex. Während es für die meisten Unternehmen noch relativ einfach ist, einen Materialien-Pool aufzubauen, braucht es etwas Erfahrung, den Wandel zu einer neuen Schreibkultur zu managen. Wir empfehlen daher, wenn es um den Übergang zu einer neuen Schreibkultur geht oder um das Etablieren eines Online-Schulungskonzepts, zumindest eine initiale Literacy-Beratung.
Professionelle Schreibdidaktiker:innen, wie Nadja und ich, entwerfen einen Fahrplan für den Übergang und skizzieren mögliche Maßnahmen.
Herzlichst,
Franziska Nauck und Nadja Buoyardane