Wie wir schreiben, hängt stark mit unserer Persönlichkeit zusammen, mit der Art und Weise, wie wir lernen und wie wir der Welt begegnen. Manche Menschen planen vor dem Schreiben den kompletten Text durch, andere entwickeln den roten Faden des Textes erst beim Schreiben. Manche fangen einen Text vorne an und schreiben ihn bis zum Ende linear durch, andere fangen an und schreiben hier mal ein paar Sätze, dort mal ein paar Sätze und arbeiten sich patchwork-artig durch den Text.
Wichtig zu wissen ist nur: Alle Wege sind richtig, solange sie zum Ziel führen – zu einem Text, der die Botschaft des Schreibenden verständlich zum Leser transportiert.
Oft ist es jedoch so, dass wir uns beim Schreiben eine Strategie aneignen, die wir „rein zufällig entdeckt“ haben oder die uns in Schule und Ausbildung mehr oder weniger aufgedrängt wurde. Diese Vorgehensweise entsprach vielleicht unserer generellen Herangehensweise an ein Problem und hatte einmal funktioniert. Oder wir verfolgten sie, weil sie uns als Norm vermittelt wurde. Daher haben wir diese Strategie beim nächsten Mal wieder angewandt. So haben sich mit der Zeit Schreibroutinen herauskristallisiert, denen wir folgen. Dabei verschwenden wir meist keinen Gedanken daran, ob es noch andere – vielleicht bessere – Schreibstrategien gibt.
Wenn wir erkennen, wie wir beim Schreiben vorgehen, können wir die Stärken und die Schwächen der jeweiligen Strategie für uns entdecken. Das Wissen über unterschiedliche Schreibstrategien hilft, den Moment zu erfassen, wenn wir mit unseren bevorzugten Strategien nicht mehr weiterkommen, sondern mit einer anderen Strategie gegensteuern sollten.
In der Schreibdidaktik sprechen wir von unterschiedlichen Schreibtypen. Dazu wurden verschiedene Modelle entwickelt: Manche gehen von zehn Typen aus, andere von fünf oder vier Typen. Wir stützen uns in unserer Arbeit auf das Modell von Gerd Bräuer. Dieses geht nur von zwei grundsätzlichen Schreibtypen aus, die aber, unserer Ansicht nach, die wesentlichen Unterschiede auf den Punkt bringen.
Die beiden Schreibtypen heißen: Strukturfolger und Strukturschaffer. Beide treten selten in Reinform auf, dennoch lässt sich bei nahezu allen Schreibenden eine Tendenz in die eine oder andere Richtung erkennen. Es können sogar beide Typen in einem Schreibenden stecken: Je nach Textsorte und Schreibanforderung lassen wir mal den einen, mal den anderen Schreibtyp zum Zuge kommen, vielleicht auch in ausdifferenzierten Formen wie dem „Versionenschreiber“, der „Redakteurin“ oder dem „Puzzler“. Mehr zu diesen Typen einmal in einem anderen Blogbeitrag.
Heute erläutern wir die Schreibstrategie des Strukturfolgers. Sie kennen ihn bereits aus unserem Artikel zum Schreibprozess. Diesen hatten wir aus Sicht eines „planenden Schreibenden“ dargestellt, der nichts anderes ist als ein Strukturfolger. Von ihm wird meist stillschweigend ausgegangen, wenn es ums Schreiben geht, auch im Schreibprozessmodell.
Warum Strukturfolger? Strukturfolger setzen sich vor dem Schreiben hin und entwerfen ganz detailliert die Struktur ihres Textes. Dieser folgen sie dann während der gesamten weiteren Arbeit. Die Struktur zu verlassen und frei zu schreiben, kommt für sie nicht in Frage. Daher die Bezeichnung Strukturfolger.
Wenngleich die Vorgehensweise, wie Strukturfolgende eine Schreibaufgabe bewältigen, ziemlich genau dem „idealen Schreibprozess“ entspricht, heißt das aber nicht, dass es nur Vorteile mit sich bringt, auf diese Art zu arbeiten. Die Strategie des Strukturfolgens hat, neben ihren Stärken, auch Schwächen.
Im Gegensatz zu Strukturfolgern starten andere Schreibende gerne früh ins Schreiben. Nachdem sie einige Ideen haben, schreiben sie „drauflos“. Sie denken den Text nicht vorher zu Ende, sondern sind offen für das, was kommt. Sie wissen beim Start noch nicht, wohin die Reise geht, und entwickeln erst während des Schreibens die Struktur für ihren Text. Sie heißen Strukturschaffer. Was Strukturschaffer auszeichnet, erfahren Sie im nächsten Blogbeitrag.